Ich bin tief beeindruckt von den vielen jungen Menschen, die aktuell jeden Freitag auf die Straße gehen, um für ihre Zukunft und besseren Klimaschutz zu demonstrieren. Gibt man den Hashtag #fridaysforfuture ein, kann man tausende gelungene Plakate und tolle, mutige Reden zum Klimawandel hören. Ich bin sehr berührt von dieser genialen jungen Generation. Macht weiter so! Wir Älteren sollten uns eine Scheibe davon abschneiden und auch mal in die Gänge kommen.
Aber was ist überhaupt „Fridays for Future“?
Entwickelt hat sich die Bewegung durch eine schwedische Klimaaktivistin namens Greta Thunberg. Sie hat im Sommer 2018 begonnen, jeden Freitag mit einem „Klimastreik“- Plakat vor das schwedische Parlamentsgebäude zu gehen, um dort zu streiken. Sie fordert, dass Politiker beim Thema Klimaschutz endlich handeln, um die Zukunft der jungen Generation zu schützen. Solange dies nicht passiert, lohnt es sich ihrer Meinung nach nicht, in die Schule zugehen. („Wo liegt der Sinn darin, Fakten zu lernen, wenn selbst die wichtigsten Fakten von den besten Wissenschaftlern, vonseiten der Politiker ignoriert werden?“).
Von Woche zu Woche sind immer mehr junge Menschen ihrem Beispiel gefolgt und haben sich wöchentlich an öffentlichen Plätzen versammelt, um für das Klima zu streiken. Aktuell hat sich daraus eine richtige Bewegung entwickelt und tausende junge Menschen gehen in den verschiedensten Ländern auf die Straße. Neben Schweden sind das zum Beispiel fast alle europäischen Länder, Australien und mehrere Orte in den USA.
Es wird Zeit zu Handeln
Wenn man beobachtet, wer sich für den Klimaschutz einsetzt, wird eins recht deutlich: Je jünger das Alter, umso mehr engagieren sich tendenziell Menschen für den Klimaschutz. Das ist auch logisch, denn die junge Generation wird schon ziemlich deutlich vom Klimawandel betroffen sein. Sie wird erleben, wie der Meeresspiegel steigt (aktuell schneller als in Prognosen vorhergesagt), wie die Wetterextreme weiter zunehmen (und somit auch die Migration) und wie immer mehr Menschen auf weniger Raum und mit weniger Ressourcen zurecht kommen müssen. Und wahrscheinlich möchte diese Generation auch gern selbst noch Kinder kriegen. Es ist überhaupt noch nicht absehbar, wie deren Kinder mal leben werden, aber die aktuelle Entwicklung muss uns große Sorge bereiten.
Natürlich ruft das Kritiker auf den Plan
Es hat natürlich nicht lange gedauert, bis sich die ersten Nörgler im Netz zu Wort gemeldet haben.
„Es ist immer schön einen Grund zu haben, um die Schule zu schwänzen“ lese ich zigfach. Wieso sind dann die Leute nicht einfach zu Hause geblieben und geben nur vor, zu demonstrieren, wenn es nur ums Schwänzen ginge? Und wieso basteln sie so aufwendige, teils richtig kreative Plakate? Für die – so schätze ich mal – die eigene Freizeit draufgeht?
„Jetzt für das Klima demonstrieren und im Sommer geht’s dann wieder mit dem Billigflieger nach Malle“ schreiben wieder andere. Selbst wenn dem so wäre, ist das weiterhin besser, als nur mit dem Billigflieger nach Malle zu fliegen. Und führt vielleicht dazu, dass der ein oder andere sich tatsächlich entscheidet, auf Flugreisen zu verzichten. Oder das längst tut. Wer weiß. An der guten Intention des Streiks ändert es in beiden Fällen nichts. Und Nörgler sind meist genau diejenigen, die selbst überhaupt gar nichts tun.
Kann die Bewegung etwas bewirken?
Mit Demonstrationen etwas zu bewirken, finde ich tendenziell nicht leicht und im Resultat häufig ernüchternd. Zumindest solange es sich um kleine Demonstrationen handelt. Meist werden Menschen einmal laut und dann ebbt das Ganze langsam ab, während sich noch gar nicht genug verändert hat. Ich könnte mir vorstellen, dass es auch mit dieser Bewegung so sein wird. Allerdings hinterlässt jede Demonstration Spuren bei allen Teilnehmenden. Die Erlebnisse bei einer Demonstration wirken nach und man beschäftigt sich weiterhin mit dem Thema. Und meist verändert sich dadurch etwas, und sei es nur im eigenen kleinen Kosmos. Dennoch: die Bewegung ist in der letzten Woche ganz schön groß geworden. Eigentlich richtig groß. Das kann man dauerhaft nicht ignorieren. Ich wundere mich aktuell, wie wenig noch in den Nachrichten berichtet wird. Vielleicht aufgrund der Sorge, dass sonst noch mehr Schüler auf die Schule verzichten?
Dürfen Schüler für das Klima streiken?
Diese Frage wird ganz schön häufig gestellt und nicht selten zurecht mit „sie müssen es“ beantwortet. Denn es läuft tatsächlich dermaßen die Zeit davon. Am Ende entscheiden wohl die Schulleiter, aber auch die haben ja nicht selten selber Kinder.
Inhaltlich kann ich jedenfalls – nachdem mein Abitur mehr als 10 Jahre her ist – eines mit Sicherheit sagen: Der fehlende Freitag wird sich auf die Bildung nicht mal ansatzweise negativ auswirken. 10 Jahre nach dem Schulabschluss hat man das Meiste längst vergessen, was man mal auswendig gelernt hat. Die Inhalte gehen ja leider weiterhin meist an der Lebensrealität völlig vorbei, sodass man sich nicht allzu viel merken kann. Richard David Precht hat es mal in einem seiner Vorträge sehr treffend formuliert: „‚Hab‘ ich mal gehört‘ ist keine Bildung!“ Und so geht es den meisten schon wenige Jahre, nachdem die Schule vorbei ist. Eine gute Demo aber, die bleibt für immer in Erinnerung.
Vonseiten der Eltern sollte der Streik auch befürwortet werden. Sollte meine Tochter später mal anstatt zur Schule zu einem Klimastreik gehen, werde ich jedenfalls Beifall klatschen und mich insgeheim darüber freuen, dass ich in der Erziehung vielleicht ein bisschen was richtig gemacht habe. Ich frage mich auch, wo denn meine Generation bleibt, wenn gestreikt wird. Wir müssten mitgehen. Denn wir kriegen gerade Kinder. Unsere Kinder werden auch betroffen sein. Und zwar noch stärker als die, die aktuell an den Fridays For Future-Demonstrationen teilnehmen.
Ich komme immer wieder zu dem gleichen Schluss: Eine unheimlich gute Demonstration. Sinnvoller kann man seine Zeit eigentlich nicht verbringen. Insofern: Weitermachen!
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